Wie Käferholz Häuser und Wohnungen schmücken kann
(veröffentlicht am 21. Mai 2021 auf badische-zeitung.de)

Vier Unternehmer aus Neustadt und Heitersheim haben es sich um Ziel gemacht, das als minderwertig geltende Material im Interieurbereich zu etablieren – und dabei nachhaltig zu wirtschaften.

Sie sind das Kommando Käferholz (von links): Johannes Ketterer, Raphael Pozsgai, Thomas und Dominik Kleiser. Foto: Tanja Bury

Sie sind das Kommando Käferholz (von links): Johannes Ketterer, Raphael Pozsgai, Thomas und Dominik Kleiser. Foto: Tanja Bury

Vom Borkenkäfer befallenes Holz ist gleich Schadholz und deshalb nicht für hochwertige Produkte zu gebrauchen – diese Gleichung stimmt für Thomas und Dominik Kleiser, Johannes Ketterer und Raphael Pozsgai nicht. Unter dem Motto „Wir machen was draus“ haben sich die Unternehmer aus Titisee-Neustadt und Heitersheim zusammengeschlossen und zeigen, was aus Käferholz alles werden kann. Besondere Wandverkleidungen zum Beispiel. Oder ansprechende Möbelstücke.

Die Zusammensetzung macht das Kommando Käferholz, wie sich die Vier mit einem Augenzwinkern nennen, aus: Ketterer sorgt in seinem Neustädter Sägewerk für die Bretter, aus denen Vater und Sohn Kleiser in Neustadt Bodenbeläge fertigen, darauf können die Möbel des Heitersheimer Möbelschreiners Raphael Pozsgai gestellt werden. Gemeinsam macht die Runde eine Rechnung zugunsten des Käferholzes auf: Wird es nicht zu Billigpreisen in alle Welt verkauft, sondern der Rohstoff dort verarbeitet, wo er wächst, bleibt die Wertschöpfung in der Region – und damit nachhaltig und ressourcenschonend gewirtschaftet. Denn: Für die Produktion müssen Bäume nicht extra gefällt werden, sie sind es bereits, weil sie es müssen, um die Ausbreitung des Käfers einzudämmen. Lange Lieferwege gibt es außerdem nicht. Und das Kommando richtet mit seiner Netzwerkarbeit den Blick in die Zukunft: „Stürme, Trockenheit und damit Schädlingsbefall wird es morgen immer wieder geben. Wir suchen heute nach einer Verwendung für das Käferholz“, sagt Johannes Ketterer.

Fest steht für ihn: Das Material ist sehr viel besser als sein Ruf – auch wenn es durchaus Stämme gebe, die aufgrund ihrer Schädigungen nur für Brennholz und Hackschnitzel taugten. „Das aber sind bei weitem nicht alle. Oft ist nur der Randbereich verfärbt, den sägen wir weg und haben ein einwandfreies Produkt“, sagt Johannes Ketterer. Daraus schaffen Thomas und Dominik Kleiser Verkleidungen und Beläge, die Räume schmücken. Ketterers neues Büro zum Beispiel. Die Wände sind aus Käferholz gefertigt, welches die Kleisers in ihrer Werkstatt aufgearbeitet und veredelt haben. Dafür haben sie sich eine Maschine angeschafft, mit der sich Holzoberflächen prägen und gestalten lassen. Geflammt oder gekohlt, wurmstichig oder in Altholz-Optik, gehackt oder gerillt.

Da spiele es keine Rolle, wenn das Holz an manchen Stellen kleine Fehler habe, die könnten im Gegenteil ebenso zu Gestaltungselementen werden. Man könnte sich, gibt Thomas Kleiser zu bedenken, ein Beispiel an Künstlern nehmen, die Holz altern, schimmeln oder brennen lassen, um ihm den besonderen Kick für ihre Werke zu geben. Und Kleiser wehrt sich gegen diese in seinen Augen leider oft vorherrschende Meinung: „Dass das, was nicht unserem gängigen optischen Ansprüchen entspricht, minderwertig ist.“

Auf Gestaltung und Form, auf das Besondere kommt es auch Möbelschreiner Raphael Pozsgai bei einer Arbeit an. „Es hat gedauert, bis ich auf die Idee gekommen bin, Möbel aus dem Holz zu bauen, das vor meiner Nase liegt“, gesteht er und muss dabei über sich selbst lachen. Im Eichen- und Nussbaumtrend habe er nicht an Fichten- und Tannenholz zum Möbelbau gedacht. Darauf sei er gekommen, als er Thomas Kleiser kennenlernte. „Er hat mir von seinem Ziel erzählt, Käferholz im Interieurbereich zu etablieren. Da wollte ich unbedingt dabei sein.“ Seither hat er Tische und Bänke, Regale und Betten aus diesem Material gestaltet. In Serie will er mit den Produkten bis Ende des Jahres gehen.

Als Ergebnis lässt sich sagen: Käferholz ist ein wertvoller heimischer Rohstoff, aus dem sich einiges machen lässt, und der vier kreative und verantwortungsvolle Unternehmer zusammengeführt hat. „Unterm Strich ein Gewinn für alle“, freuen sie die Vier.